Ein besonderer Tag – Teil 2 der Sierra-Trilogie

„War das vielleicht der 21. Juni?“ Manches Rätsel löst sich erst nach langer Zeit.
Wir sitzen in einer der neunhundert Berghütten Neuseelands und philosophieren über das Gepäck, oder vielmehr sein Gewicht, ein unerschöpfliches Thema für alle Wanderer. In der Runde bestimmt das Heimatland die Schwere des Rucksacks. Israel, Deutschland, USA und Neuseeland, so lautet die Gewichtsrangfolge der vertretenen Nationen. Während die Kiwis ultraleicht reisen, tragen die Israelis alles im Rucksack, was der Staat Israel hergibt, inklusive eines Wollpullovers von jedem Schaf aus Abrahams Herde.
Die Amerikaner agieren wie immer hilfsbereit und sparen nicht mit Vorschlägen zur Gewichtsreduktion. Nur das Nötigste einpacken und davon die Hälfte zurücklassen. Die Wolle gegen Fleece eintauschen, die Nahrung dehydrieren und der Zahnbürste den Stiel absägen. Die Kiwis und wir ergänzen die Vorschlagsliste und Gramm für Gramm reduziert sich mit jedem Beitrag die Last der Israelis. Als wir bei gefühlten acht verbliebenen Kilos ankommen, trocknet der Ideenfluss langsam aus. Danach wird es entweder gefährlich, sehr teuer oder abstrus. Doch genau da wird der Dialog spannend, denn der Mangel an guten Ratschläge schafft Raum für das „Wanderlatein“, die unwahrscheinlichen Geschichten die nur in Berghütten wahr sein können.
Ich bin mutig und wähle für meinen Beitrag eine Episode aus der Heimat der Amerikaner, Juni in der Sierra Nevada in Kalifornien und auf dem John Muir Trail ist die Schneeschmelze in vollem Gange. Oben herrscht Sommer, auf dem Boden regiert noch der Winter. Der Vorteil dieser Jahreszeit: Es sind nur wenig Menschen unterwegs, der Nachteil: Die Flüsse sind randvoll und schwer zu furten. Anderen Wanderern sind wir noch nicht begegnet, eiskalten Flüssen dagegen schon sehr hautnah und hüfthoch. Doch jetzt schreitet uns der erste Wanderer entgegen. Ein typischer „Thruhicker“, mit dem Gang eines Menschen der entschlossen ist von Mexiko bis zur kanadischen Grenze zu laufen und von den viertausend Kilometern Strecke schon ein gutes Drittel absolviert hat. Er trägt die übliche Wanderausrüstung: stabile Schuhe mit Wandersocken, Stöcke, Sonnenhut und –brille sowie einen Rucksack mit Hüftgurt. Das ist aber auch alles, ansonsten ist er … nackt! Allein ein dritter Wandersocke baumelt an strategisch bedeutsamer Stelle von seinem Hüftgurt.
Die PCT-Wanderer sind ein ungewöhnliches Völkchen, aber auch die laufen normalerweise nicht im Geburtskostüm durch die Berge. Mir kribbelt es schon bei dem Gedanken, an welchen Stellen ich am Ende eines solchen Wandertags überall Sonnenbrand behandeln müsste. Getreu der amerikanischen Höflichkeit und dem kölschen Grundsatz „Jede Jeck es anders“, erwähnen wir den offensichtlichen Mangel an Bekleidung nicht. Der Mann ist sichtbar gut in Form und in keinerlei Notlage. Wie vermutet, ist er einer der ersten, die in diesem Jahr über die Pässe gekommen ist. Da jetzt ein Weg gespurt ist werden ihm noch einige folgen. Uns ist es recht, denn die Fußspuren werden auch uns zugutekommen.
Nach kurzem Austausch über Wegbedingungen (schwierig) und Wetteraussichten (bestens), folgen wir jeweils unserem Weg. Beim Blick auf den Höhenmesser – 3500 Meter – stellt sich aber dann doch die Frage: Warum läuft einer nackt durchs Hochgebirge? Eine Protestaktion gegen die teure Outdoorbekleidung? Verständlich wäre es, wo doch inzwischen jeder Zweite mit einem Outfit durch die Fußgängerzone läuft, das für die Besteigung des Mount Everest entwickelt wurde. Vielleicht wollen die Wanderer aber einfach nur Gewicht sparen: Leichter als des Kaisers neue Kleider geht nicht.
Jedenfalls ist es ein wundersamer Rollentausch, wo doch wir Deutschen – nach Meinung der Amerikaner – stets nach einem Grund suchen uns die Kleider vom Leib zu reißen. Ich kann mich noch gut an die Sauna in einem amerikanischen Flughafenhotel erinnern. Ich saß alleine auf der mittleren Bank, als vor dem Fenster ein Gesicht auftauchte. Bevor ich freundlich reagieren konnte, verschwand der Besucher aber bereits wieder. Dafür stand keine zwei Minuten später ein Manager des Hotels in der Saunakabine, korrekt gekleidet mit glänzenden Schuhen und dunklem Zweireiher. „You are not naked, aren’t you?“ sprach er mich keineswegs unfreundlich an.
In großer Hitze funktioniert mein Gehirn etwas langsamer und der Sinn der Frage wollte sich mir nicht erschließen. Die nackten Tatsachen waren eindeutig, schließlich saß ich in einer Sauna. Nach einigem Nachdenken wurde mir klar, dass der Mann nicht ernsthaft nach einer Antwort auf seine Frage suchte. Andererseits fand ich es amüsant zu beobachten, wie sich allmählich die Schweißperlen auf seiner Stirn sammelten und von dort gemächlich auf die Hochglanztreter tropften. Ich dachte mir: „Das ist der richtige Moment, um zu vergessen, dass ich Englisch spreche“, und antwortete betont höflich mit einem langen, geschachtelten deutschen Satz. Der Inhalt spielt dabei keine Rolle. „Erdbeermarmelade“ kam darin vor, weil das Wort schön freundlich klingt. Jetzt war das Hirn des Hotelmanagers mit dem Arbeiten an der Reihe: „Verschwitze ich hier weiter meinen Anzug und verstehe nichts, oder trete ich den Rückzug an?“
An seinen Augen konnte ich keine Reaktion ablesen, denn ihr Blick ruhte etwa dreißig Zentimeter über meinem Kopf an der Wand. Dort gab es nichts zu sehen, aber seine Erziehung verbot ihm, auch nur einen Millimeter tiefer zu schauen. Meine Augen dagegen wanderten von seinem Scheitel bis zu den Ledersohlen und genossen es, den Leidensdruck beim Wachsen zu beobachten. Schließlich drehte er sich ab, griff sich eines der Handtücher um Gesicht und Anzug zu trocknen und verschwand brummelnd um die Ecke. Auch ich räumte das Feld, die Hauptattraktion dieses Saunaganges hatte ich genossen.
Umso mehr verwundert mich jetzt der nackte Wanderer in den Bergen und obendrein sollte es nicht der Einzige bleiben. Um die Mittagszeit rasten wir nach einer Flussdurchquerung, als die nächsten Nackten auftauchen, diesmal ein junges Pärchen. Während wir den Fluss auf die europäische Art gefurtet haben – Wanderschuhe aus, Gummischuhe an und halbes Adamskostüm – stürzt sich das Pärchen auf amerikanische Weise in den Fluss – Schuhe an den Füßen, Hüftgurt geöffnet und die Arme gegenseitig auf den Schultern überkreuzt. Gemeinsam schreiten sie dann flussaufwärts durch die Strömung und bieten ein schiefes Bild, denn sie ist deutlich kleiner als er.
Nach der guten Hälfte des Weges, die Hüfte der Frau ist bereits wieder aus dem Wasser aufgetaucht, gerät sie ins Straucheln. Sie kämpft im strudelnden Wasser um das Gleichgewicht, ihr freier Arm sucht dringend einen Halt an der Vorderseite ihres Partners. Viele Möglichkeiten bieten sich nicht, wie gesagt das Wasser ist eiskalt. In ihrer Not greift sie beherzt zu. Wäre sie etwas größer, dann hätte sie vielleicht das Ende seines Hüftgurtes erwischt. So aber schallt der markerschütternde Schrei des Mannes durch das Tal und meine Liste an Gründen gegen das Nacktwandern wird um einen entscheidenden Eintrag länger.
(der 21. Juni ist „Hike Naked Day“, am längsten Tag des Jahres lassen die prüden Amerikaner die Hüllen fallen, allerdings nur fernab jeglicher Zivilisation)

Volles Haus

Beschämt zur Seite blicken ist die Sache der Nepalesen nicht, hier ist das Zuschauen erlaubt, in jeder Situation. Und wer will es ihnen verdenken, in einem Ort, der keinen Fernseher kennt und der höchstens einmal im Jahr Touristen erblickt. Wenn der Tourist dann auch noch blond ist und fast doppelt so lang wie der größte Einheimische, dann begleiten ihn braune Augen auf allen Schritten.

Das ist nicht weiter schlimm, denn es gilt natürlich gleiches Recht für alle und auch ich schaue mir gerne die Menschen an. Obendrein ist auf einer Trekkingtour im Himalaya nicht viel zu verbergen. Jeder Tag folgt demselben Muster aus Laufen, Essen und Schlafen! Und danach das Gleiche wieder von vorne. Wer diese Entspannung noch nicht erlebt hat, dem erscheint die Regelmäßigkeit vielleicht monoton.

Allerdings gibt es dann doch den einen oder anderen Moment, den ich lieber ungestört verbringen möchte. So führen das regelmäßige Essen und die regelmäßige Bewegung auch zu einer sehr regelmäßigen Verdauung. Gleich am Morgen nach den unvermeidlichen Frühstückseiern fordert die Natur ihr Recht, so auch heute in einem kleinen Bergdorf.

Die aufmerksamen Nepali verstehen mein Bedürfnis sofort und leiten mich gemeinsam und nicht ohne etwas Stolz zum Toilettenhaus. Schlagartig verstehe ich, wie sich Gandalf auf Besuch bei den Hobbits fühlt. Das Bauwerk ist aus massivem Stein errichtet aber nur einen Meter fünfzig hoch. Ich bücke den Oberkörper durch die Tür und scheitere beim Versuch mich drinnen wieder aufzurichten am Dachbalken. Ein Nachteil der dicken Steinwände: der Innenraum ist noch viel kleiner als die Außenmaße vermuten ließen.

Immerhin kann ich derart gebückt bereits einen guten Blick auf die Sanitäreinrichtung werfen: sauber und eindeutig gehobener Standard. Eine Keramikkachel auf dem Boden umrahmt das obligatorische Loch und ein Wassereimer zur Linken mit einer Schöpfkelle aus Plastik vervollständigen das Inventar. Das Highlight der Ausstattung ist fließendes Wasser. Die Hütte steht strategisch klug neben einem Gebirgsbach und über ein kleines Rohr sprudelt das Wasser munter in eine Tonne. Die deutsche Industrienorm gilt hier nicht, sonst müsste die Wassertonne für jeden Zufluss auch einen Abfluss besitzen. So läuft der Eimer einfach über, und fungiert – da die Hütte leicht geneigt am Hang steht – als Spülkasten im Dauerbetrieb.

Das Problem: Bei meiner Körperbreite spült der Eimer nicht nur den Boden, sondern auch mich, sobald ich zwischen ihm und der Wand hocke. Heute Morgen jedoch habe ich Glück, der letzte Besucher hat ausgiebig Gebrauch von der Schöpfkelle gemacht und daher steht das Wasser noch deutlich unter dem Tonnenrand. Für geschätzte fünf Minuten wird der von mir angestrebte Platz über der Kachel noch trocken bleiben. Ein weiterer Grund mich schnell an das unvermeidliche Werk zu begeben.

Dazu müsste ich allerdings mein Hinterteil zur Kachel ausrichten, der Versuch scheitert jedoch ebenso wie zuvor das Aufrichten. Für eine Körperdrehung ist die Hütte schlicht und ergreifend zu eng. Ich brauche einen Neustart, verlasse die Hütte und versuche es aufs Neue, diesmal rückwärts. Dabei kann ich dann auch gleich einen Blick auf die inzwischen deutlich gewachsene Zahl an Zuschauern werfen. Sie sehen sehr zufrieden aus mit dem, was ihnen bisher geboten wird. Diesmal komme ich deutlich näher an das Ziel, auch wenn das Rückwärtsgehen in der tiefen Hocke nicht meine beste Disziplin ist.
In der angestrebten Position angekommen, stehe – oder besser gesagt hocke – ich allerdings vor dem nächsten Problem: meiner Hose. Die muss naturgemäß nach unten, doch zwischen dem engen Gemäuer, der dicken Daunenjacke und den angewinkelten Knien existiert für sie kein Weg. Ich muss wieder raus und einen dritten Anlauf versuchen, sehr zur Freude meiner Zuschauer.

Langsam wird die Zeit knapp und das nicht nur wegen des steigenden Wasserpegels in der Tonne. Um etwas Raum zu gewinnen, hänge ich die Daunenjacke außen an die Hütte und mache mich wieder daran rückwärts einzuparken. Diesmal im synchronen Rhythmus: Der Körper muss rückwärts in die Hütte gefaltet werden und die Hose gleichzeitig nach unten geschoben, Zentimeter für Zentimeter. Die Strategie ist erfolgreich und ich kann mich den Dingen widmen, für die ich gekommen bin.

Natürlich würde ich gerne vorher noch die Tür schließen, die aber geht nach innen auf, also muss sie offenbleiben. Man kann im Leben nicht alles haben und sollte auch nicht nur an sich selbst denken: Meine Zuschauer sehen der Fortsetzung des Programms gespannt entgegen. Ich würde deutlich mehr als einen Groschen für ihre Gedanken geben. Und auch ich kann am Ende von der offenen Tür profitieren, denn das Toilettenpapier befindet sich in der Tasche meiner Daunenjacke. Gut, das mein Kopf aus der Tür hinausschaut, so können meine Augen um Hilfe bitten. Ein mutiger Junge läuft vor und reicht mir die Jacke, so eben noch rechtzeitig, bevor die Wassertonne überläuft.

Neuschnee

Fünf Uhr morgens in Hobart, Tasmanien: Wir steigen in einen Kleinbus samt unverschämt gut gelauntem Fahrer. Unser Ziel ist der Overland-Trail im Zentrum der Insel. Es regnet so stark, dass der Scheibenwischer auch im schnellsten Gang nicht nachkommt, aber unser fröhlicher Fahrer beruhigt uns: „Wir fahren nach Norden, da wird es weniger regnen“. Und Recht hat er mit seiner Prognose, im Nationalpark ist es viel zu kalt für Regen, stattdessen fällt hier Schnee in dicken Flocken.
Der Schnee ist dann auch das zentrale Thema der Sicherheitsbelehrung durch die Parkranger, immerhin befänden wir uns mitten im stärksten Schneesturm des gesamten Winters. Kurz überlege ich einzuwerfen, dass der Winter doch seit mehr als zwei Monaten vorüber sei. Doch dann fällt mir der Werbeslogan ein, der überall auf den Prospekten prangt: „Tasmanien, erlebe vier Jahreszeiten an einem Tag“. Spontan beschließe ich zu schweigen.
In ernsten Worten erklärt uns der Parkwächter, dass wir auf dem Weg nach oben noch sehr viel mehr Schnee zu erwarten hätten und mit brusttiefen Schneeverwehungen rechnen müssten. Eine junge Australierin mit einem gigantischen Rucksack fragt dazwischen, was denn überhaupt eine Schneeverwehung sei?
Wahrscheinlich hätte auch sie besser spontan geschwiegen, aber Schnee besitzt in Australien durchaus Seltenheitswert. Auch mir fällt es schwer an brusthohe Schneewehen zu glauben. „Brusttief: vielleicht wenn ich mich auf den Boden lege“, so denke ich still, ein Gedanke der sich noch rächen sollte.
Gut eingepackt in alle Winterkleidung die wir besitzen machen wir uns schließlich auf den Weg, vielleicht klart es ja noch auf und dann sind wir schon oben auf dem Berg. Der Mensch ist ein Meister des positiven Gedankens. Bevor es aber aufklart, treffen wir noch auf das Zentrum des Sturms, Schnee fällt mal in großen, weichen Flocken und dann in kleinen, harten Körnern, knietief liegt er derweil am Boden. Zum Glück ist der Weg mit Stäben markiert, eine dieser Stangen ist meistens noch zu erkennen.
Nach ein paar Stunden treffen wir auf die Australierin mit dem Riesenrucksack, der offensichtlich nicht nur groß, sondern auch schwer ist. Mit jedem Schritt sinkt sie tief in den weichen Schnee. Die Schneewehen durchquert sie auf allen Vieren, Ganzkörperantwort der Natur auf eine unschuldige Frage. Aber auch mein Zweifel an wirklich tiefen Schneewehen wird schnell beantwortet. Nein, brusttief werden sie nicht, dafür ist es zu stürmisch. Aber die Sturmböen sind stark genug mich umzublasen, so dass auch ich meine Ganzkörpererfahrung mit dem Schnee machen darf.
Mit Sicherheit wird es aufklaren aber genauso sicher nicht am heutigen Tag, also stapfen wir weiter durch den Schneesturm, im Wechsel zwischen den verschiedensten Schneesorten. Die Hütte kommt in Sicht als wir mit der Nase gegen das Toilettenhaus stoßen. Nach sehr kurzer Beratung fällt die Entscheidung: Wir übernachten nicht im Zelt sondern in der trockenen Hütte, alleine schon weil wir keinerlei Schaufeln besitzen um die Zeltplattform auszugraben.
Am Ende des Tages ermittelt der Hüttenwart die Anzahl derjenigen, welche die Hütte erreicht haben. Auch wenn sich die Zählung etwas schwierig gestaltet – einige der Anwesenden starren nur noch apathisch vor sich hin, zu erschöpft um ihren Namen zu nennen – kommt er doch zu einem erfreulichen Ergebnis: zwanzig von zweiundzwanzig angemeldeten Wanderern sind angekommen. Dafür dass die meisten heute zum ersten Mal durch Schnee gelaufen sind, eine herausragende Quote.

Minimalgepäck

(Dieser Artikel ist ein Beitrag zur Blogparade Mit leichtem Gepäck, in dem es zum Glück auch andere Meinungen zu dem gleichen Thema gibt)

Ganz allmählich beginnt er, sich im Alltag bemerkbar zu machen, der Plan des Sabbatjahres. Mein alter Rucksack hat  nach langen treuen Jahren ausgedient und es muss ein neuer her. Im Outdoorladen bleibt nach langem Anprobieren die Wahl zwischen zwei Varianten, beide passen ziemlich perfekt, sehen passabel aus und auch der Preisunterschied ist eher marginal. Der einzige Unterschied liegt in der Größe, der eine bietet einfach noch etwas mehr Platz, verbunden mit dem Risiko, dass dieser Platz dann auch genutzt wird.
Vor meinem geistigen Auge erscheint die Kette an Weltreisenden denen ich bislang begegnet bin. Eines hat sie alle vereint: sie hatten mehr Gepäck als eine Person sinnvoll alleine bewegen kann. Ich sehe sie mit einem Rucksack auf dem Rücken und einem weiteren vor der Brust in Richtung Bus stapfen, zwei Tragebeutel in der Hand stellen sicher, dass auch wirklich kein Raum verbleibt um die Umgebung anzuschauen.

Irgendwo in dem Winkel meines Gehirnes, der für politisch inkorrekte Gedanken zuständig ist, kommt dann immer der Wunsch auf, diesen Lasteseln einem klitzekleinen Schubser zu verpassen. Gerade genug um sie umzuwerfen und mir dann gemütlich anzuschauen wie sie – gleich einem Käfer auf dem Rücken –  hektisch versuchen wieder aufzustehen und es einfach nicht schaffen.

Also schließe ich einen Handel mit mir selbst, der größere Rucksack wird gekauft, aber – das zweite Gebot des Rucksackreisenden – es soll keine anderen Gepäckstücke geben neben ihm. Was nicht reinpasst, oder was nicht rein soll, muss als Almosen verteilt oder den DHL Göttern geopfert werden.

Gut gelaunt verlasse ich das Geschäft, die Vorstellung meinen irdischen Besitz auf maximal 15 Kilo – plus eine funktionierende Kreditkarte – zu reduzieren, fühlt sich gut an. So entspannt bin ich, dass ich sogar die Werbung für Trekkingunterwäsche wahrnehme: „12 Länder, 17 Wochen und zwei Paar Unterwäsche!“. Weshalb denn zwei?