„Aus Achtsamkeit entsteht Todlosigkeit“, mit diesem Zitat begrüßt uns der Abt. Damit steht fest: Ein Poet war er nicht dieser Buddha, oder aber er hatte einen miserablen Übersetzer.
Wir schreiten zur Gehmeditation, im Vergleich zu den körperlichen Herausforderungen des Sitzens eine Wohltat. Zwanzig Schritte langsam geradeaus gehen, rumdrehen, den Boden spüren, zurückgehen und dann das Gleiche wieder von vorne. Acht Atemzüge pro Strecke, plus vier für das Wenden und Spüren. Unter der achtsamen Alpensonne eine leichte Übung.
Vordergründig zumindest, denn das Ziel der Sammlung ist weiter entfernt denn je. Alles was die Natur hervorbringt, hat sich versammelt um mich abzulenken. Kuhglocken läuten direkt neben mir, die Kirchenglocken etwas weiter entfernt. Das frisch geschnittene Gras duftet mit den Kühen um die Wette und Hummeln knattern den Bass für den Sopran der Fliegen. Eindeutig für Fortgeschrittene, auch wenn wir uns gar nicht vorwärts bewegen.
Auch das Bild der Gruppe ist beachtlich, dreiundzwanzig erwachsene Menschen die bedächtig auf der Wiese hin und her wandern. Es fehlt noch eine flexible Stange in jeder Hand gedrückt und die Bergwacht hätte einen neuen Lawinensuchtrupp. Allerdings einen, der bestenfalls einen verschütteten Kuhfladen retten kann.
Nach einigen Minuten schaffe ich es dann doch, mich auf den kleinen Pfad zu konzentrieren, den ich inzwischen in die Wiese getrampelt habe. Wie lange müsste ich wohl auf und ab laufen um einen echten Hohlweg zu schaffen? Sind die Bilder von Kornkreisen alle in der Nähe buddhistischer Kloster entstanden? Schon wieder bin ich abgeschweift.
Aber während ich weiter den Kühen das Futter plattstampfe, wird eines klar: „Ich weiß gerade was ich mache!“. Die Reduktion erzeugt intensive Gedanken, reduziert den Wein der Ideen zum Cognac des Wissens.
„Ein Jahr reisen! Mach das, Du hast nur ein Leben“. Diesen Satz habe ich zuletzt sehr häufig gehört. Gedacht habe ich ihn natürlich auch und immer hat mich etwas daran gestört. Hier auf der buddhistischen Wiese wird mir plötzlich klar was falsch ist. Ich habe nicht nur ein Leben. Im eintönigen Auf und Ab wird mir bewusst, dass ich ein Leben habe. Ein wunderbares Leben ganz ohne „nur“.
„Aus Achtsamkeit entsteht Todlosigkeit“. Das klingt noch immer reichlich sperrig. Vielleicht ist es aber auch so, dass sich nicht jeder wichtige Gedanke in poetische Worte kleiden lässt.