Finnland, Am Polarkreis, 1994
Den Ausgangspunkt unserer Wanderung werden wir heute wohl nicht erreichen, denn so ganz allmählich müssen wir uns die Tatsache eingestehen: am Sonntag fährt kein Bus.
Schon in Deutschland habe ich Probleme, die komplizierte Symbolik zu durchschauen, mit denen auf Fahrplänen die feinen, aber bedeutsamen Unterschiede beschrieben werden. „Nur Werktags“, oder „Werktags außer Samstag“ klingt ja noch recht einleuchtend, auch wenn kein Mensch der jünger ist als fünfundvierzig auf die abwegige Idee kommen würde, den Samstag als einen Werktag zu bezeichnen. „Sonntags, und an Feiertagen außer Rosenmontag (im linksrheinischen Tarifgebiet)“ ist dagegen schon eine Herausforderung, fährt der Zug jetzt an allen Feiertagen nur rechtsrheinisch und am Rosenmontag nur auf der linken Rheinseite oder umgekehrt?
Hier in Finnland ist dem Bestreben die Fahrplanlogik zu durchschauen von Anfang an die finnische Sprache im Weg. Überall auf der Welt klingt das Wort Telefon irgendwie nach dem was es eigentlich ist, „telephone“ auf Englisch, „telefono“ auf Spanisch, selbst auf Russisch ist das Wort телефо́н noch gut als Telefon erkennbar. Der finnische Begriff dagegen lautet: „Puhelin“! Soviel zu meinen Chancen den Fahrplan richtig zu lesen. Aber, manchmal geben zwei Stunden Warten die gleiche Erkenntnis die zwei Minuten lesen auch erbracht hätte: Ganz offensichtlich fährt am Sonntag kein Bus.
Also bleibt uns nur die klassische Variante, Daumen raus und Trampen. Doch auch die hat einen entscheidenden Nachteil: auf der Straße fährt nicht nur kein Bus, sondern auch nahezu kein Auto. Das eine Auto welches dann doch gefahren ist, haben wir verpasst, während wir noch mit dem Versuch beschäftigt waren, den Fahrplan zu lesen. Doch dann kommt die Wende in Form des zweiten Fahrzeugs, wir werden nicht nur mitgenommen, sondern gleich auch noch zum Abendessen nach Hause eingeladen. So haben wir zumindest die Gesten der finnischen Familie interpretiert, an verbale Verständigung war nicht zu denken. Uns ist es recht, denn wandern können wir ja auch noch später; jetzt im Juni ist es hier ist ja rund um die Uhr hell. Und wer ist denn nicht bereit für ein richtig gutes Sonntagsessen auch mal zwei Stunden Wartezeit in Kauf zu nehmen.
Am Ende starten wir unseren Weg gutgesättigt um kurz vor Mitternacht und dank uns bekommen die Stechmücken auch noch eine reichliche Sonntagsmahlzeit serviert.
sehr gut, wenn auch nicht ganz korrekt, aber das soll ja so sein:-)))))) kuss julia